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Was tun, wenn Ihnen ein Energievertrag untergeschoben wurde?

Stand:
Manche Strom- und Gasanbieter schieben Verbrauchern an Haustür oder Telefon unbemerkt Energieverträge unter, die diese gar nicht abschließen wollen. Betroffene können dagegen vorgehen.
Ein Mann telefoniert und macht ein verärgertes Gesicht

Das Wichtigste in Kürze:

  • Werbeanrufe und Haustürbesuche können dazu führen, dass Sie ungewollt den Strom- oder Gasanbieter wechseln.
  • Geben Sie niemals Ihre Zählernummer preis, wenn Sie nicht tatsächlich wechseln möchten!
  • Wenn Ihnen ein Vertrag untergeschoben wurde, können Sie innerhalb von 14 Tagen widerrufen.
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Wie werden Kund:innen Strom- und Gasverträge untergeschoben?

  1. Am Telefon oder an Ihrer Haustür nehmen Vermittler mancher Energieanbieter Kontakt mit Ihnen auf. Im Gespräch dieses sogenannten Direktvertriebs geht es zwar um Energie und womöglich konkrete Tarifangebote. Dass der Vermittler in Ihrem Namen einen Anbieterwechsel einleiten will, macht er aber nicht deutlich.
  2. Doch fragt er genau die dafür benötigten Daten wie die Zählernummer und den aktuellen Energielieferanten ab. Zusammen mit Ihrem Namen und der Adresse reicht ihm das, um einen Wechselprozess einzuleiten. Denn einen Nachweis über eine Kündigungsvollmacht muss Ihr bisheriger Anbieter nicht einfordern.
  3. Wenig später erhalten Sie überraschend ein Begrüßungsschreiben eines neuen Energieanbieters sowie eine Kündigungsbestätigung Ihres bisherigen Lieferanten – der Wechsel wurde schon vollzogen, ohne dass Sie es mitbekommen haben.

Dieses Vorgehen ist nicht legal und wurde in der Vergangenheit auch schon im Auftrag von größeren Anbietern eingesetzt.

Unerlaubte Werbeanrufe melden

Werbeanrufe, denen Sie nicht ausdrücklich zugestimmt haben, sind übrigens nicht erlaubt. Die Bundesnetzagentur geht gegen diese sogenannten "cold calls" vor und verhängte schon mehrfach Bußgelder. Auch die Verbraucherzentrale NRW ging wegen unerlaubter Werbeanrufe gegen Energieanbieter vor.

Melden Sie unerlaubte Werbeanrufe der Bundesnetzagentur.

Was tun, wenn Ihnen ein Vertrag untergeschoben wurde?

Vertrag schriftlich widerrufen

Sie haben ein 14-tägiges Widerrufsrecht, wenn Sie einen Vertrag am Telefon oder der Haustür geschlossen haben. Seit dem 27. Juli 2021 können Sonderverträge nicht mehr telefonisch geschlossen werden. Ein Energieliefervertrag außerhalb der Grundversorgung bedarf der Textform. Das bedeutet, dass beide Vertragsparteien ihre jeweilige Vertragserklärung (Angebot und Annahme) in Textform abgeben müssen. Die Textform wird beispielsweise durch Vertragserklärungen per Brief, Fax, E-Mail oder SMS eingehalten. Eine telefonische Vertragsanbahnung ist auch weiterhin möglich.

Die Widerrufsfrist beginnt am Tag des Vertragsabschlusses nur, wenn Sie bei Vertragsschluss gleichzeitig auch über Ihr Recht zum Widerruf ordnungsgemäß (formal richtig) belehrt wurden. Eine verspätete Belehrung (nach Vertragsschluss) lässt die Widerrufsfrist von 14 Tagen erst mit Zugang der Belehrung beginnen.

Solange Sie nicht ordnungsgemäß über Ihr Widerrufsrecht aufgeklärt wurden, beträgt die Frist für Ihren Widerruf ein Jahr und 14 Tage ab Vertragsschluss.

Reichen Sie Ihren Widerruf beim neuen Lieferanten am besten schriftlich per Fax (zum Beispiel aus einem Copy Shop) oder Einschreiben ein. E-Mails sind nicht geeignet.

Um zu klären, ob Sie noch widerrufen können, oder Ihnen gegebenenfalls noch weitere Rechte zustehen wie etwa eine Anfechtung, empfiehlt sich eine Beratung durch Ihre Verbraucherzentrale.

Bisherigen Anbieter umgehend kontaktieren

Ihr bisheriger Energieanbieter muss so schnell wie möglich erfahren, dass Sie gar nicht kündigen wollten, niemanden zu einer Kündigung bevollmächtigt haben und die Kündigung gegebenenfalls nicht wirksam ist.

Sollte Ihr Altanbieter nicht bereit sein, Ihren Vertrag wieder herzustellen und zu den früheren Bedingungen weiterlaufen zu lassen, nehmen Sie Kontakt zum Verteilnetzbetreiber auf. Dieser wird auf Ihrer Energierechnung angegeben.

Wenn der ungewollte Vertrag rückabgewickelt ist, suchen Sie aktiv nach einem neuen Tarif. Wenn Sie nichts tun, werden Sie automatisch über die Grundversorgung beliefert. Der Grundversorger springt auch automatisch ein, wenn Sie gar keinen Vertrag haben.

So schützen Sie sich gegen ungewollte Anbieterwechsel

Geben Sie niemals Ihre Zählernummer preis, wenn Sie nicht wirklich wechseln wollen! Für die Erstellung eines Angebots und andere Schritte benötigen Energieanbieter Ihre Zählernummer nicht.

Solange die Zählernummer unbekannt ist, kann Sie niemand an Ihrer Lieferstelle anmelden und Ihnen auf diese Weise einen Vertrag unterschieben. Auch Ihre Kontoverbindung sollten Sie niemals am Telefon bekannt geben.

Schließen Sie keine Verträge an der Haustür oder am Telefon ab. Selbst wenn Ihr aktueller Energieanbieter telefonisch einen vermeintlich günstigen Tarif anbietet, sollten Sie nicht spontan zustimmen.

Nehmen Sie sich die Zeit für einen Preisvergleich und prüfen Sie alle Vertragsbedingungen. Das können Sie während eines Telefonats nicht leisten.

Maßnahmen der Verbraucherschützer:innen

Wegen unverlangter Telefonwerbung, untergeschobener Verträge und teils anderer Verstöße hat die Verbraucherzentrale NRW vier Unternehmen abgemahnt und teilweise bereits Klage erhoben:

  • Gegen die Stadtwerke Pforzheim GmbH & Co. KG wurde beim Landgericht Karlsruhe unter anderem Klage eingereicht, weil Verbraucher:innen, die telefonisch lediglich Informationsmaterial erbeten hatten, Auftragsbestätigungen zugesandt worden waren. Gegenstand der Klage war darüber hinaus, dass Verbraucher:innen nur Verträge mit einer Grundlaufzeit von 36 Monaten angeboten worden waren. Dies ist zwar als individuelle Vereinbarung zulässig, doch Kund:innen müssen dabei die freie Wahl unter beliebigen Laufzeiten haben. Kann die Kundin / der Kunde die Laufzeit nicht frei vereinbaren, handelt es sich um eine allgemeine Geschäftsbedingung – die unwirksam ist, wenn die Laufzeit darin mehr als 24 Monate beträgt.
    Inzwischen hat das Landgericht Karlsruhe mit Anerkennungsurteil vom 4. Oktober 2018 (10 O 156/17) das Unternehmen dazu verurteilt, das Versenden von Auftragsbestätigungen zu unterlassen, wenn Verbraucher:innen nur Informationsmaterialien angefordert hatten. Ferner ist es dem Unternehmen nach dem Urteil untersagt, Kund:innen den Abschluss von Verträgen mit 36 Monaten Vertragslaufzeit zu bestätigen, wenn Verbraucher:innen diese Laufzeit nicht individuell aushandeln konnten.
  • Die PST Europe Sales GmbH wurde wegen Telefonwerbung und untergeschobener Verträge verklagt. Darüber hinaus wurde beanstandet, dass sie laufende Stromverträge der neu geworbenen Kund:innen gekündigt hatten, ohne dass der Verbraucher:innen die hierzu erforderliche Vollmacht in Textform erteilt hatte. Dies war bei telefonisch abgeschlossenen Verträgen ja schon praktisch gar nicht möglich. Das Oberlandesgericht München hat der Klage inzwischen in Bezug auf Telefonwerbung und Vollmacht in Textform stattgegeben (Urteil vom 23. Januar 2020, Az. 6 U 2084/18). Außerdem wurde dem Unternehmen untersagt, den Vertragsschluss trotz Widerruf zu bestätigen. Die weitergehende Klage der Verbraucherzentrale NRW wegen untergeschobener Verträge wurde dagegen aus Beweisgründen abgelehnt.
  • Die Voxenergie GmbH wurde wegen der gleichen Verstöße wie die PST Europe Sales GmbH abgemahnt. Das Landgericht Berlin hat die Voxenergie mit nicht rechtskräftigem Teilurteil vom 4. Juli 2018 (15 O 170/17) inzwischen dazu verurteilt, unerlaubte Werbeanrufe sowie Kündigungen der laufenden Stromverträge ohne Vollmacht zu unterlassen. Das Verfahren läuft in Bezug auf die untergeschobenen Verträge weiter.
  • Gegen die Mivolta GmbH wurde wegen unlauterer Telefonwerbung sowie wegen Verwendung einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung, die nicht alle erforderlichen Kontaktdaten für den Widerruf enthielt, Klage erhoben. Letzteres hat das Landgericht München I der Mivolta GmbH mit Teil-Anerkenntnisurteil vom 5. September 2017 untersagt. Nach einem weiteren Urteil des Gerichts muss das Unternehmen es nun auch unterlassen, Verbraucher:innen ohne deren ausdrückliche Einwilligung zu Werbezwecken anzurufen (Urteil vom 1. Dezember 2017 – 37 O 5551/17). Beide Urteile sind rechtskräftig.
Stift und Münzen liegen auf einer Stromrechnung.

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Ein Gerät Healy neben dem Wort Warnung.

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