Gerade zu Semesterbeginn sind Promotionsstände oder Seminarangebote von Finanzdienstleistern auf dem Universitätsgelände allgegenwärtig. Ziel ist es, Studierende mit nützlichen Geschenken oder kostenlosen Weiterbildungen so früh wie möglich als potenzielle Kundengruppe zu erschließen. Die Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein (VZSH) rät Studierenden jedoch davon ab, Verträge über Geldanlage- und Versicherungsprodukte abzuschließen, die ihnen auf dem Universitätsgelände angeboten wurden.
Aus Sicht der Verbraucherschützer gehen diese Produkte in der Regel am Bedarf der Studierenden vorbei, sind unflexibel, intransparent, erwirtschaften wenig Rendite und kosten unverhältnismäßig hohe Abschluss- und Verwaltungsgebühren. „Aus unserer Erfahrung wissen wir, dass die Vertriebsmitarbeiter gezielt Studierende ansprechen und sie mit kostenlosen Seminaren zum Abfassen der Thesis, Bewerbungstraining oder der Anwendung gängiger Software locken“, so Michael Herte von der VZSH. „Typischerweise fühlen sich die mit Werbegeschenken versorgten Studierenden irgendwann dazu verpflichtet, auch etwas zu geben – nämlich ihre Unterschrift auf einem Vertrag.“
Produkte sind oft ungeeignet und teuer
Die Verbraucherzentralen kritisieren zudem die Praxis der Vertriebe, Ratsuchenden in den Versicherungsverträgen häufig eine viel zu hohe Dynamisierung der Beitragszahlungen unterzuschieben. Die jährliche Beitragserhöhung löst automatisch auch in Zukunft neue Provisionszahlungen der Versicherer an die Finanzvertriebe aus. Die dadurch verursachten Abschlusskosten bewirken, dass derartige Verträge sogar auf Sicht von über zehn Jahren noch Minusrenditen verursachen können.
Basisrente ist Verkaufsrenner auf dem Uni-Gelände
Das Standard-Produkt, das Studierenden am häufigsten auf dem Campus angeboten wird, ist die Basisrente – auch bekannt als Rürup-Rentenversicherung. Sie wird gerne als Altersvorsorge kombiniert mit einer Berufsunfähigkeitsversicherung verkauft. „Derartige Kombiprodukte bieten unter bestimmten Voraussetzungen steuerliche Vorteile, doch um Steuern zu sparen muss man erst einmal Steuern zahlen. Die Kombination aus Berufsunfähigkeitsversicherung und Basisrente ist sehr unflexibel. Bei einem finanziellen Engpass lässt sich so nicht einfach die Rentenversicherung beenden, ohne den Berufsunfähigkeitsschutz zu verlieren. Diese Abhängigkeit sichert nebenbei auch die Provision der Vermittler“, schätzt Herte ein.
Aus der Beratung weiß der Experte der VZSH, dass ein Finanzprodukt dann besonders verlustbringend ist, wenn die Beiträge nicht über die empfohlene Dauer vertragsmäßig erbracht werden können. Denn zu Beginn der Vertragslaufzeit fallen die Abschluss- und Vertriebskosten an, die erst über eine lange Vertragslaufzeit zurückverdient werden. „Die auf dem Uni-Campus vermittelten Verträge kommen zur falschen Lebensphase. Wer noch in der Ausbildung ist und die zukünftige finanzielle Situation nicht kennt, sollte keine langfristigen Verträge abschließen. In jungen Jahren sollten deshalb flexible und kostengünstige Vorsorgeprodukte im Vordergrund stehen. Das Leben und die Erwerbsverläufe sind nicht planbar, schon gar nicht über Jahre und Jahrzehnte“, so Herte. „Ein Rürup-Vertrag bindet Vermögen jahrelang. Und das auch in Lebenslagen, in denen man über sein Geld flexibel verfügen möchte, beispielsweise wenn ein Immobilienkauf, die Familienplanung oder eine berufliche Umorientierung anstehen.“
Produkte mit steuerlichem Optimierungspotential sollten erst dann in Betracht gezogen werden, wenn sich nach der Ausbildung regelmäßige Einkünfte abzeichnen.
Info-Aktion für Studierende gestartet
Die Beratungsfälle der Verbraucherzentralen in ganz Deutschland zeigen: Noch immer werden Studierenden nicht bedarfsgerechte Finanzprodukte empfohlen und verkauft – noch dazu auf einem neutralen Boden wie dem Universitätsgelände. Oftmals fällt dies jedoch erst nach Jahren der Einzahlung auf. Daher haben die Verbraucherschützer nun eine bundesweite Informationskampagne gestartet. Wichtige Informationen zu den Maschen der Finanzdienstleister, wie man sich dagegen wappnet und was man tun kann, wenn man bereits einen Vertrag unterschrieben hat, erfahren Interessierte auf der Webseite der VZSH.