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FAQ: Anpassung des Fernwärme-Preissystems in Flensburg

Mit dem neuen Preissystem wollen die Stadtwerke Flensburg eine höhere Transparenz in der Berechnung der Fernwärmepreise herstellen.
Bild von Petra auf Pixabay

In den nachfolgenden FAQ gehen wir auf die für Verbraucherinnen und Verbraucher relevanten Fragen im Zusammenhang mit der Umstellung des Preissystems ein. Sollten Sie weitere Fragen haben, nutzen Sie bitte unser Kontaktformular und schreiben Sie uns.

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Was ist eine Preisgleitklausel / Preisänderungsklausel?

Fernwärmeverträge werden überwiegend mit einer hohen Vertragslaufzeit abgeschlossen. Die Preisentwicklung ist über einen so langen Zeitraum kaum vorhersehbar. Deshalb bedienen sich die Wärmeversorger einer Preisänderungsklausel. Damit kann 

  1. einerseits der Versorger den Preis bei sich ändernden Rahmenbedingungen anpassen. 
  2. Andererseits gibt sie den Verbrauchern Anhaltspunkte, wie sich Belieferung und Fernwärmepreise in den laufenden Betriebsjahren gestalten.

Preisänderungsklauseln sind daher wesentlicher Bestandteil des jeweiligen Vertrages und werden zwischen Verbraucher und Anbieter vereinbart. Für die Ausgestaltung von Preisänderungsklausel spielt § 24 Abs. 4 Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Fernwärme (AVBFernwärmeV) eine große Rolle. Demnach orientiert sich der Preis an den maßgeblichen Kosten des jeweiligen Wärmeversorgers (Kostenelement) und an der allgemeinen Preisentwicklung auf dem Wärmemarkt (Marktelement).

Einführung der Preisgleitklausel / Preisänderungsklausel – Dürfen die Stadtwerke einfach kündigen und einen neuen Vertrag anbieten?

Die Einführung einer Preisgleitklausel zur Preisermittlung in einem Wärmenetz ist eine weitreichende Veränderung, die nicht einseitig vom Anbieter umgesetzt werden darf. Um solche gravierenden Umgestaltungen des ursprünglichen Vertrages umzusetzen, ist eine Kündigung durch die Stadtwerke nach Ansicht der Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein erforderlich. 

Betroffene Kunden sollten ihren Vertrag dahingehend prüfen, ob die Laufzeit ihres bestehenden Fernwärmevertrages in nächster Zeit endet und die vereinbarte Kündigungsfrist eingehalten wird.

Was fordert die Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein von einer Preisgleitklausel?

In § 24 der AVBFernwärmeV sind die Anforderungen an eine Preisgleitklausel definiert. Die Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein fordert insbesondere die Abbildung des tatsächlich eingesetzten Energieträgers (z.B. Erdgas, Kohle, Öl) in dem Kostenelement der Preisgleitklausel. 

Darüber hinaus sollten Erträge aus dem Betrieb eines Kraftwerkes, das neben der Fernwärme auch Strom erzeugt, z.B. ein Blockheizkraftwerk, mit den Aufwendungen für die Erzeugung der Fernwärme verrechnet werden. Wärmekunden sollen auch von der Kraft-Wärme-Kopplung profitieren.  

Weitere Forderungen der Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein finden Sie in unserem Positionspapier "Fernwärme verbraucherfreundlich und ökologisch sinnvoll ausgestalten".

Ich habe keine Kündigung erhalten, sondern das Preissystem wird einfach umgestellt, geht das so?

Grundsätzlich muss eine Vertragsänderung oder ein Vertragsschluss zwischen Unternehmen und Kunden ausdrücklich vereinbart werden. Die gesetzliche Grundlage zur Fernwärmeversorgung (AVBFernwärmeV) legt allerdings fest, dass ein Vertrag auch ohne schriftliche Fixierung zustande kommt, sobald Wärme aus dem Netz des Versorgungsunternehmens entnommen wird. Der Preis der Entnahme orientiert sich dann an vergleichbaren Versorgungsverhältnissen (siehe § 2 Abs. 2 AVBFernwärmeV). Der Bundesgerichtshof schränkt in diesen Fällen ein, dass die sonstigen Vertragsbedingungen, wie bspw. Kündigungsfristen, nicht übernommen werden (15.01.2014 - VIII ZR 111/13). Das heißt, der Preis ändert sich auch ohne vorherige fristgebundene Vertragskündigung.

Welche Fristen gelten für die Umstellung zum neuen Preissystem?

Kündigt das Versorgungsunternehmen den Vertrag, gilt der bisherige Preis nach Ablauf der Kündigungsfrist nicht mehr. 
Entschließen Sie sich dazu, das aktuelle Angebot über die Fernwärmeversorgung anzunehmen, gilt das neue Preissystem, wenn der neu abgeschlossene Vertrag wirksam wird. In der Regel ist das der Fall, wenn der von Ihnen unterzeichnete Vertrag bei dem Fernwärmeunternehmen eingeht und bearbeitet wird.

Der Umstellung auf das neue Preissystem der Fernwärme können Sie sich nur entziehen, indem Sie den Versorger aktiv auffordern, die Belieferung einzustellen. In diesem Fall müssen Sie sich auch um eine alternative Wärmeversorgung kümmern, die den örtlichen Anforderungen entspricht (siehe unten: "Wie kann ich sonst mein Haus beheizen?").

Muss ich weiter Fernwärme beziehen?

In Flensburg besteht ein Anschluss- und Benutzungszwang an die Fernwärmeversorgung (siehe Fernwärmesatzung der Stadt Flensburg). Das heißt, dass die Grundstückseigentümer verpflichtet sind, die Fernwärme abzunehmen, sofern das Grundstück bebaut ist. Eine vollständige oder teilweise Befreiung vom Anschluss- und Benutzungszwang ist unter bestimmten Voraussetzungen möglich (siehe unten: „Wie kann ich sonst mein Haus beheizen?“).

Wie kann ich sonst mein Haus beheizen?

Auf Grund des Anschluss- und Benutzungszwangs (ABZ) stehen alternative Heizformen zur Fernwärme nur eingeschränkt zur Verfügung. Laut Fernwärmesatzung der Stadt Flensburg wird bspw. nur dann eine Befreiung vom ABZ erteilt, wenn die alternative Wärmeerzeugungsanlage bei unveränderter Gebäudehülle einen niedrigeren Jahresprimärenergiebedarf aufweist als die Fernwärmeversorgung, also kleiner als 0,5 ist. Dazu zählen beispielsweise Energieträger, die auf Holz, Erdwärme, Geothermie oder Umgebungswärme basieren (die entsprechenden Primärenergiefaktoren finden sich in der Anlage des GEG). Welche Variante sinnvoll bei Ihnen eingesetzt werden kann, lässt sich über die Energieberater der Verbraucherzentrale klären.

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